Betriebswerk

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Ein Betriebswerk oder Bahnbetriebswerk, im folgenden nur noch kurz mit Bw bezeichnet ist eine Einrichtung zur Wartung, Pflege und Unterhalt von Schienenfahrzeugen.

Diese nüchterne Definition soll in diesem Artikel etwas ausgeschmückt werden. Einerseits sollen die Abläufe und die dazu notwendigen Einrichtungen erklärt werden, andererseits sollen natürlich dem Leser Anregungen gegeben werden, wie er "sein" Bw im Modell möglichst vorbildgetreu planen und darstellen kann.

Das Bw ist ein beliebtes Motiv auf Modellbahnanlagen, da sich hier alles um die Loks dreht. Neben den unten aufgeführten "unverzichtbaren" Elementen bietet ein Bw immer die Chance für den Anlagenbauer, eine Fülle kleinteiliger Austattungen unterzubringen. Gebäude für Lokleitung und Verwaltung, Gestelle mit Werkzeugen, allerlei Hinweistafeln und Schilder bis zum Schrotthaufen, hier kann man sich austoben.

Inhaltsverzeichnis

Dampfbetriebswerk

Der Name sagt es, in erster Linie ist es auf Dampflokomotiven abgestimmt. Deren Wartung und Unterhalt war im Vergleich zu anderen Traktionsarten sehr aufwändig. Entsprechend weitläufig und abwechslungsreich stellt sich solch ein Dampf-Bw dar. Es mussten Vorrichtungen vorhanden sein zum

  • Bekohlen
  • Untersuchen des Fahrwerks
  • Wassernehmen
  • Entschlacken
  • Besanden
  • Wenden
  • Rauchkammer reinigen
  • Unterstellen
  • Reparieren

Die hohen Verbrauchswerte beim Betrieb von Dampfloks machen dazu noch folgende Einrichtungen notwendig:

  • Wasserturm
  • Vorratslager für Kohle (bzw. alternative Brennsstoffe)

Das Ganze muss nun noch mit einer Gleisanlage möglichst sinnreich verbunden werden.

In moderneren Zeiten dehnte sich die Zuständigkeit dann auch auf Diesel- und Elektrotraktion aus, die notwendigen Einrichtungen passten eigentlich immer noch irgendwo hin. Denn im Vergleich mit den oben aufgelisteten Bauten nimmt sich z. B. eine Dieseltankstelle nebst Vorratstank eher bescheiden aus.

Letztlich kann ein Bw immer noch um folgende Bauten ergänzt sein:

  • Betriebsverwaltung / Lokleitung
  • Gästehaus (für Triebfahrzeugführer auf Übernachtung)
  • Stellwerk

Je nach Platzanbgebot können von den letzteren dreien auch mehrere unter einem Dach vereint sein.

Die obige Reihenfolge der Behandlungseinrichtungen ist nicht zufällig. Tatsächlich wurden Bws möglichst in genau dieser Anordnung angelegt, um ein zügiges Durchlaufen zu ermöglichen. Auch war die Gleisanlage meist so gestaltet, das umständliche "Sägefahrten", also das Hin- und Her-Fahren über nebeneinander liegende Weichen, nicht notwendig wurde.

Bekohlen

Zunächst müssen wir uns den Brennstoffbedarf einer Dampflok vor Augen führen. Der Schlepptender einer schweren Dampflok fasst etwa 10 Tonnen Kohle. Damit kommt der Heizer etwa 500 km weit aus. Und das war dann auch die kalkulierte Tages-Höchstleistung für Dampfloks, etwa 500 bis 600 km. 10 Tonnen Kohle täglich, wer das von Hand laden möchte, muss 200 Zentnersäcke auf den Tender schleppen, eine Lastwagenladung! Und das bei jeder einzelnen Langstreckenlok. In einem Bw, das für 10 Lokomotiven Platz bietet, wären also täglich 100 Tonnen Kohle vonnöten, plus ein Sicherheitsvorrat für ein oder zwei Tage. Das sind zusammen die Beladungen von 6 Waggons der Bauart Sattelwagen (Fal). Entsprechend weiträumig wurden die Kohlenbunker angelegt. Und entsprechend effektiv wurde die Bekohlung selber durchgeführt: mittels Baggergreifern und/oder Wiegebunkern, aus denen das "schwarze Gold" genau bemessen von oben in die Tender rutschte. Da das Bekohlen auf die Art vergleichsweise zügig geschieht, stand dieser Punkt meist am Anfang der Behandlungsreihenfolge im Bw. Gerne fand die Bekohlung über einer Grube zwischen den Gleisen statt, so dass gleichzeitig das Fahrwerk von unten auf Schäden und Abnutzung inspiziert werden konnte.

Es muss natürlich nicht unbedingt ein Groß-Bw sein, auch kleinere Anlagen, in ländlicher Umgebung an Nebensstrecken gab es. Hier ticken die Uhren vielleicht noch anders. Anstelle des Wiegebunkers gibt es nur einen kleinen Kran, der Kohlen-Hunte emporhebt, die dann in die Tender der "Lokomotivchen" entleert werden, wenn wir nicht in der allerfrühesten Epoche sind. Damals wurden die Kohlen tatsächlich noch in Körben und mit Muskelkraft auf die Tender gewuchtet.

Wasser

Das zweite, wesentliche Betriebsmittel der Dampflok. Wieder nehmen wir den Schlepptender der schweren Dampflok als Beispiel, er fasst rund 30 cbm Wasser. Stoppen Sie mal die Zeit, in der ein normaler Wasserhahn eine Badewanne mit 300 Litern Wasser füllt. Das braucht sicher eine Viertelstunde. In dem Tempo wäre der Tender erst nach 25 Stunden wieder voll. Und das reicht nicht für den ganzen Tag auf den Schienen. Nach etwa 250 km (in bergiger Gegend früher) ist der Tender leer. Es muss wieder Wasser genommen werden. Das macht verständlich, weshalb früher in jedem einzelnen Bahnhof Wasserkräne an den Gleisen standen, möglichst von der gelenkigen Sorte, so dass ohne Rangierbewegung der Kran zur Einfüll-Luke gelangte und Wasser nachlaufen konnte, währenddessen die Reisenden und ihr Gepäck abgefertigt wurden.

Der ungeheure Wasserbedarf erklärt auch die großen Wassertürme bei Bahnhöfen und in Bws. Ein örtliches Leitungsnetz wäre nie imstande, die riesigen Wassermengen für die Dampfloks so schnell zu fördern. Zudem hat die Vorratshaltung einen weiteren Vorteil. Das Kesselspeisewasser wurde chemisch aufbereitet. Damit beugte man der Kesselsteinbildung vor, die durch "gewöhnliches" Leitungs- oder Quellwasser begünstigt würde.

Der Wasserkran stand in den Bws meist an zweiter Stelle der Behandlung. Weil dies schon etwas länger dauerte als die Bekohlung, nutzte man die Zeit gerne um die Aschkästen zu entschlacken.

Besanden

Gelegentlich ist es nötig,die Reibung zwischen Schiene und Rad zu erhöhen, besonders beim Anfahren, Anfahren am Berg noch mehr, oder in Notbremssituationen. Je nasser das Wetter, umso häufiger. Zu dieem Zweck führen Triebfahrzeuge einen Vorrat an rieselfähigem (also trockenem!) Sand mit, der bei Bedarf durch die Sandfallrohre direkt vor den Rädern auf die Schienen fällt. Auch dieser Sandvorrat wird im Bw ergänzt, heute wie damals. Je nach Größe des Bw leistete man sich regendicht gedeckte Sandbunker, bisweilen mit einem „Trockenhaus“ daneben. Der Besandungsturm ist im Prinzip ein kleines Silo voller Bremssand auf einem hohen Gestell, von wo aus der trockene Sand über Schläuche in die Sandkästen der Lokomotiven rutscht oder geblasen wird.

Wenden

Grundsätzlich ist es einer Dampfmaschine vollkommmen gleichgültig, ob sie vorwärts oder rückwärts läuft; sie kann beides mit gleicher Geschwindigkeit. So wären denn auch Dampflokomotiven eigentlich zur Höchtsgeschwindigkeit in der Lage, vorwärts wie rückwärts. Und viele Tenderloks waren auch tasächlich dafür zugelassen. Bei Schlepptenderloks sah das anders aus, Hier lag meist die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Rückwärtsgang deutlich unter derjenigen „Schlot voraus“. Also mussten Dampfloks um der Effektivität willen jeweils wieder in Fahrtrichtung gewendet werden können. Eine beliebte Möglichkeit dafür ist die Drehscheibe. Diese erfüllt noch einen weiteren, raumsparenden Zweck. Sie dient zum Verteilen der Lokomotiven auf die Stände eines Ringlokschuppens. Man stelle sich die Weichenstraße vor, die benötigt würde, um 12 einzelne Unterstände zu erreichen!

Lokomotiven, die also nicht in den Schuppen sollten, wurden in die richtge Richtung gedreht, um sich für die nächste Strecke wieder „auf den Zug zu stellen“. Alternativ zum Wenden von Loks konnten auch Gleisdreiecke oder Kehrschleifen angelegt sein, beides jedoch relativ platzintensive Möglichkeiten.

Rauchkammer reinigen

Zur regelmäßigen Wartung gehört auch das Reinigen der Rauchkammer und der Rauchrohre. Dies war ein schmutziges Geschäft. Der Platz mit dem Rohrblasgerüst wurde deshalb gerne in der allerhintersten Ecke des Bws angelegt, da sah man den Dreck dann nicht so.

Unterstellen

Nicht alle Loks gingen nach Bekohlen, Wassernehmen etc, sofort wieder „auf Streck“. Manche bleibt über Nacht im Bw, um am nächsten Morgen einen Zug an den Haken zu nehmen. Dazu stellte man sie im Lokschuppen ab. Eine Nachtschicht kümmert sich gegebenenfalls um ein „Ruhefeuer“ in der Feuerbüchse, da das günstiger ist, als einen völlig erkalteten Kessel morgens wieder unter Dampf zu setzten. Zudem waren die Lokschuppen beheizt. Denn Frost in einem wassergefüllten Kessel - ohne Ruhefeuer - konnte man nicht riskieren. Die Heizung war meist in einem kleinen Anbau an den Lokschuppen installiert, dem „Heizhaus“, das weithin durch seinen hohen Schornstein zu erkennen war. Ein Kohlebansen daneben gehörte dazu.

Reparieren

Je nach Größe des Bw gab es Möglichkeiten zur Reparatur von Lokomotiven. Besondere Reparaturschuppen waren etwas breiter als einfache Lokschuppen und mit parallelen Seitenwänden erbaut. Dies ermöglicht den Einbau eines Hallenkranes. Bei den Ringlokschuppen, die meist keine Innenwände haben und deren Teilung eher an Tortenstücke denken lässt, ist so eine Kraninstallation ungleich aufwändiger. Die Reparaturschuppen werden meist noch durch einen Magazinanbau ergänzt, der wiederum über ein eigenes Ladegleis erreichbar ist. Ein Schrottbansen für ausgediente Teile vervollständigt das Bild.

Werden die Reparaturen im Ringlokschuppen ausgeführt, so fahren die Kandidatinnen vorzugsweise „Schlot voraus“ in den Schuppen. An der breitern Seite der Stände hat man eben etwas mehr Platz, um beispielsweise ein Treibgestänge zu zerlegen, als an der beengten Tor-Seite. Solche Schuppen erkennt man von außen leicht: die Rauchabzugsrohre auf dem Dach sind hinten montiert.

andere Traktionen

Bei Elektro- und Diesellokomotiven kann die Drehscheibe grundsätzlich entfallen, da diese Fahrzeuge meist "symmetrisch" gebaut sind, es also keinen nennenswerten Unterschied zwischen „vorne“ und „hinten“ gibt. In modernen Bws hat sich daher die Schiebebühne eingebürgert, die Lokomotiven quer zum Gleis an die verschiedenen Lokschuppenstände bringt. Es gab durchaus auch Elektroloks, die in Bws mit Ringlokschuppen beheimatet waren. Zur Nachbildung dieser Situation ist jedoch eine aufwändige Bastelei nötig. Über der Drehscheibe müsste eine sogenannte "Spinne" installiert werden. Denken wir uns den Fahrddraht, der aus jedem Unterstand und von allen Zufahrtsgleisen zur Drehscheibe führt. Genau über der Mitte der Scheibe sind alle Drähte mit einem kleinen Ring verbunden. Etwas höher wird diese Konstruktion durch entsprechend verlaufende Tragseile ergänzt. Stabile Masten halten die ganze Angelegenheit in der richtigen Höhe und straff gespannt. Die Alternative wäre, dass E-Loks nur abgebügelt und mit Hilfe einer Rangierlok in den Schuppen gelangen.

Die Wartung von Elektrolokomotiven stellt sich auf der Modellbahn eher unspektakulär dar, außer „Sand nehmen“ findet eigentlich alles hinter verschlossenen (Schuppen-)Türen statt.

Ähnlich ist es mit den Dieselloks. Für diese wird ein Tanklager mit Zapfsäulen eingerichtet, in Dampf-Bws möglichst auf einem Nebengleis, so dass sich Dampf- und Dieselloks nicht gegenseitig behindern.

Für Akkumulatorentriebwagen gilt dies umso mehr,als der Ladevorgang einige Zeit in Anspruch nimmt. Für die „Steckdosenhirsche“ wären daher besser Stumpfgleise vorzusehen, auf denen sie ungestört Kraft tanken können. Deren "Zapfstelle" ist noch unauffälliger, kaum mehr als ein Pfahl mit einem Regendächlein, wo der Stecker mit seinem langen Kabel eingehängt ist.

Beispiel eines Modell-Bw

Mittleres Bw mit den wesentlichen Behandlungseinrichtungen. Erläuterung der Zahlen im Text

Auf der Entwurf-Skizze sehen wir ein Bw, das einem Kleinstadtbahhof (beginnt ganz rechts am Bildrand) angegliedert ist. Die Zahlen markieren

  1. Zwei Einfahrtgleise (für parallele Abfertigung)
  2. Bekohlungsbunker (Wiegebunker) mit Kran über Untersuchungsgrube
  3. Wasserkräne, Grube zum Entschlacken
  4. Besandungsturm
  5. Kohlebansen. Es gibt hier kein eigenes Zufahrtsgleis für den Kohlenachschub, die Lieferungen müssen vom Behandlungsgleis aus entladen werden
  6. Dieseltankstelle
  7. Wasserturm
  8. Ringlokschuppen
  9. Heizhaus mit Kohlebansen
  10. Reparaturschuppen mit Schrottbansen (an der Nordseite angedeutet)
  11. Zufahrtsgleis zum Ersatzteilemagazin
  12. Bockkran
  13. Umfahrgleis (Ausfahrtgleis)
  14. Gästehaus für „fremde Personale“
  15. Betriebsverwaltung/Lokleitung

Wie erwähnt ist kein eigenes Gleis für den Kohlenachschub vorhanden. Ebenso fehlt ein Gleis, auf dem ein Schlackewagen zur Aufnahme der Rückstände aus den Aschkästen bereit stünde. Die entsprechende Ver- und Entsorgung würde bei diesem Bw also jedesmal den Betrieb etwas behindern. Ebenfalls nicht eingezeichnet ist ein Rohrblasgerüst zur Rauchkammerreinigung. Diese würde vermutlich neben dem Heizhaus (9) aufgestellt sein. Abschließend sei noch das Augenmerk auf die Zuwegung gerichtet. Die Straße ist so angelegt, dass nicht nur die Verwaltung (15), sondern auch alle anderen Einrichtungen im Bw mit Straßenfahrzeugen erreichbar sind. Dies ist im Bereich der DB aus feuerschutztechnischen Gründen so vorgeschrieben. (Die Gleise vor dem Reparaturschuppen (10) denken wir uns nahezu schienenoberkanten-bündig in den Boden eingelassen.)

Literatur

  • Bernhard Stein: Bernhard Steins schönste Modellbahnanlagen und Dioramen; Weltbild Verlag Augsburg 1997, S. 97 ƒƒ; ISBN 3-89350-812-0
  • Jan Reiners: So funktioniert das Bahnbetriebswerk, transpress Verlag. ISBN 3-613-71279-2

Weblinks

deutschsprachige wikipedia: