Modellrakete

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Eine Modellrakete ist ein Flugmodell, welches mit Hilfe eines Raketenantriebes angetrieben wird. Als Antriebe kommen, da die Herstellung eigener Treibstoffmischungen gefährlich und zusätzlich in den meisten Ländern für Nichtinhaber entsprechender Genehmigungen verboten ist, nur industriell gefertigte Treibsätze, größtenteils aus Schwarzpulver hergestellt, zum Einsatz.

Modellrakete (Bausatzmodell "Apex" von Quest) beim Start mit einem C6-3 Treibsatz
47 Zentimeter großes Modell der A4-Rakete beim Start mit einem C6-3 Treibsatz
Auswahl verschiedener Modellraketen, welche teils komplett im Eigenbau entstanden sind.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Entwicklung des Begriffs

Der Begriff Modellrakete (model rocket) tauchte in den 50er Jahren erstmals in den USA auf. Modellraketen wurden dort als sichere Hobby-Alternative zu Amateur- bzw. Experimentalraketen angeboten. Besonders in den 50er Jahren experimentierten, im Zuge der allgemeinen Raumfahrtbegeisterung, viele meist jugendliche Hobbybastler mit selbst hergestellten Motoren und Modellen. Es kam dabei oft zu Unfällen; Modellraketen sollten daher eine sichere Alternative darstellen. Ende der 50er Jahre wurde deshalb in den USA die National Association of Rocketry (NAR) gegründet, die einen Sicherheitskodex erstellte. Er nimmt beim Begriff Modellrakete Beschränkungen vor wie beim Gewicht und bei der Verwendung der Baumaterialien (leichtgewichtiges Material wie Pappe und Balsaholz, ohne Metall, Einsatz ausschließlich vorgefertigter und getesteter Motoren) mit dem Ziel, Unfälle zu vermeiden. Inzwischen werden weltweit über 400 Millionen Modellraketen-Starts pro Jahr Dank des Kodex unfallfrei durchgeführt. Der Kodex wurde daher inzwischen von viele Clubs, Vereinen und Organisationen (so z.B. der FAI) weltweit übernommen.

Seit den 90er Jahren stehen auch schubstärkere Motoren auf Composit-Treibstoffbasis zur Verfügung. Das Gewichtslimit für Modellraketen im Sicherheitskodex wurde deshalb, nach einigen Sicherheitstests, von 500 Gramm auf 1,5 kg angehoben. Anhänger noch stärker motorisierter Raketen gründeten mit der Tripoli in den USA einen weiteren Verband und führten einen eigenen Sicherheitskodex für solche Modelle ein. Sie bezeichneten sie, je nach Konstruktion oder Motorisierung, als Highpower-, Amateur- oder Experimentalraketen. Diese Definierung wurde auch von der NAR sowie weiteren Organisationen weltweit, auch in Europa, übernommen.

Funktion, Antriebe & Konstruktion

Modellraketen können technisch Höhen von bis zu 1000 Meter erreichen (wobei es gesetzliche Einschränkungen gibt). Daneben gibt es andere Arten von Raketen wie die mit Wasserdruck (Wasserrakete) oder mit Druckluft (Druckluftrakete) angetriebenen. Sie sind den mit Schwarzpulvertreibsätzen ausgestatteten Modellen von der Leistung unterlegen, erreichen aber trotzdem Flughöhen von bis zu 300 Meter. Raketen mit Hybridantrieb oder unter Verwendung flüssiger Treibstoffe wurden auch schon realisiert. Sie sind aber wegen der verwendeten komplizierten Technik eher den professionellen Bastlern vorbehalten und fallen wegen des erhöhten Gewichts auch nicht mehr in die Kategorie der Modellraketen.

Modellraketen landen nach vollbrachtem Flug mit Hilfe eines Bergungssystems (meist ein Fallschirm) weich auf der Erde. Sie können durch Auswechseln des Treibsatzes wieder zu einem erneuten Flug befähigt werden.

Mit Modellraketen können diverse Experimente durchgeführt werden: so kann man versuchen, mit Hilfe einer geeigneten Modellrakete ein Ei in die Luft zu befördern ([Modellraketensport|Egg-Lofting]) und wieder heil zur Erde zurückzubringen. Andere Modellraketen, wie z.B. die Astrocam und die Oracle ermöglichen die Selbstanfertigung von Luftaufnahmen. Es gibt auch Flugwettbewerbe für Modellraketen. Dabei wird entweder die Flughöhe oder die Flugdauer in Abhängigkeit vom verwendeten Treibsatz und von der Bauart des Modells gemessen (siehe Modellraketensport).

Modellraketen werden von den einschlägigen Herstellern (z.B. Estes) als Fertigmodell und als Bausatz angeboten, wobei es auch ganz besonders kleine Modellraketen, die sogenannten Micro Maxx-Raketen gibt. Auch die komplette Eigenentwicklung von Modellraketen ist möglich. Für den Anfang wird ein im Handel erhältliches Starterset empfohlen, das bereits alle benötigten Komponenten, von der Rakete bis zum Startgerät, enthält. Dadurch ist erstens ein sicherer Start gewährleistet, zweitens lernt man nach der Methode "Learning by doing" schnell, wie man richtig mit Modellraketen umgeht.

Der Reiz des Hobbys ist unter anderem seine Vielfalt. Man kann sich mit verschiedensten Designs beschäftigen, Nutzlasten transportieren, Bergungssysteme entwickeln oder sich mit dem Startzubehör beschäftigen. Einfache Modellraketen sind auch sehr schnell zusammengebaut und verschaffen schnell ein Erfolgserlebnis durch einen gelungenen Flug.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Modellraketen und Feuerwerksraketen

Obwohl die meisten Modellraketen wie Feuerwerksraketen mit einem Treibsatz aus gepresstem Schwarzpulver angetrieben werden, der häufig sogar den gleichen Durchmesser wie bei diesen hat, gibt es doch zahlreiche Unterschiede zwischen beiden Raketentypen: bei Modellraketen können grundsätzlich die Treibsätze ausgetauscht werden, während sie bei Feuerwerksraketen fest mit dieser verbunden sind. Auch werden Modellraketentreibsätze stets ohne eingebaute Zündschnur geliefert. Diese (oder auch ein Elektrozünder) müssen erst vor dem Start eingebaut werden. Generell sind eigenmächtige Umbauten an Feuerwerksraketen in Deutschland nur ausgebildeten Pyrotechnikern gestattet. Auch ist zumindest bei in Deutschland frei verkäuflichen Feuerwerksraketen eine Elektrozündung nur schwer zu realisieren.

Im Unterschied zu Feuerwerksraketen zeigen Modellraketentreibsätze nur einen marginalen Lichteffekt, der sich auf die Aufstiegsspur und die Ausstoßladung beschränkt. Dafür können Modellraketen eine größere Flughöhe erreichen (100 - 1000 Meter) während die maximale Flughöhe von in Deutschland frei verkäuflichen Feuerwerksraketen nur 100 Meter betragen darf. Modellraketentreibsätze unterliegen in der Fertigung weit höheren Qualitätsanforderungen als Treibsätze von Feuerwerksraketen.

Feuerwerksraketen besitzen in der Regel einen Leitstab zur Stabilisierung. Allerdings waren auch in Deutschland zeitweise Feuerwerksraketen im Handel erhältlich, die wie Modellraketen über Stabilisierungsflossen verfügten und von jeder freien Fläche mit ungehinderter Aufstiegsmöglichkeit gestartet werden konnten. Trotz ihres gefälligen Aussehens und ihrer leichten Handhabbarkeit verschwanden diese Feuerwerksraketen wieder vom Markt, da sie wegen ihres größeren Volumens größere Lagerhaltungskosten verursachen als normale Feuerwerksraketen. Modellraketen hingegen verfügen meist über drei oder vier Flossen am unteren Ende des Körperrohrs zur Flugstabilisierung. Für die Stabilisierung in der Startphase dient im Regelfall der Startleitstab der Abschußrampe, an dem die Rakete mit einem am Körperrohr befestigten Ring hochgleitet, oder ein Gleitschienensystem. Allerdings ist es nicht verboten Modellraketen zu bauen, deren Stabilisierung mit Hilfe eines Leitstabs erfolgt.

Modellraketen dürfen - im Unterschied zu Feuerwerksraketen - ganzjährig geflogen werden.

Gesetzliche Bestimmungen (Deutschland)

Modellraketen dürfen, trotz der Ähnlichkeit ihrer Antriebssysteme (Schwarzpulvertreibsätze), nicht mit Feuerwerksraketen verwechselt werden. Auch ist eine Kombination von Modellraketentreibsätzen mit Feuerwerksraketen in Deutschland nach dem Sprengstoffgesetz unzulässig. Sie unterliegen in Deutschland leider Einschränkungen, die das Hobby teilweise sogar uninteressant, aber oft schlecht durchführbar machen. Bekannte Probleme und Einschränkungen in Deutschland sind:

  • Frei erhältliche und benutzbare Raketenmotoren dürfen mit maximal 20 Gramm Antriebsmasse gefüllt sein, welche zudem nur an Personen ab 18 Jahre abgeben werden dürfen.
  • Zur Benutzung größerer Motoren, der Bündelung von Motoren, der Herstellung von Zündern, etc. wird eine Erlaubnis nach dem Sprengstoffgesetz (T2-Schein) benötigt. (Weitere Informationen zum sog. T2-Schein unter Treibsatz.) Auch mit der Erlaubnis läßt sich nicht sofort fliegen, da die Luftämter für Starts entsprechender Raketen eine Aufstiegserlaubnis für Luftfahrzeuge erteilen müssen (gegen Gebühr). Hinzu kommen Lagervorschriften für die Raketenmotoren.
  • Es gibt in Deutschland nur wenige zugelassene Raketenmotoren mit mehr als 20 Gramm Antriebsmasse, die teilweise nicht immer erhältlich sind.
  • Altersvorschriften machen es in Deutschland schwierig, die junge und interessierte Zielgruppe der Jugendlichen zu erreichen. So wird es erschwert, zum Beispiel Physik anhand von Modellraketen in den Schulen zu lehren. Erst ab 14 Jahren und auch dann nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten ist Jugendlichen der Umgang mit den Antrieben erlaubt.
  • Die Kopplung mit Feuerwerkskörpern ist (auch für den Inhaber eines T2-Scheins) unzulässig

In den meisten anderen Staaten, insbesondere in der Schweiz, Polen und den USA sind die Vorschriften wesentlich weniger streng.


Weblinks

Vereine bundesweit:

Vereine lokal:

Hinweis

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