Ablaufberg

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Der Ablaufberg (oder Abdrückberg, Ablaufrücken, Rollberg, Rollhügel oder salopp Eselsrücken) ist ein künstlich angelegter Hügel, über den ein Rangiergleis verläuft. Von der Kuppe des Abdrückberges aus folgen die Güterwagen ihrem eigenen Gewicht und werden über eine nachgeordnete Weichenstraße in Richtungsgleise geleitet.

Schematische Darstellung eines Rangier-Bf mit Abdrückberg

Inhaltsverzeichnis

Betrieb im Vorbild

Ra6 "Abdrücken verboten";Ra7 "Langsam abdrücken"; Ra8 "Mässig schnell abdrücken"; Ra9 "Zurückziehen"

Ankommende Güterzüge werden in einer Vorordnungsgruppe (grün) gegebenenfalls in einzelne Wagengruppen zerlegt. Nach Sichten der Begleitpapiere und der Einarbeitung in den Zuglaufplan, werden die Züge / Wagengruppen von einer Rangierlok auf ein Ausziehgleis (violett) gezogen. Dort werden die Wagen, soweit notwendig entkuppelt und die Bremsen in "Lösestellung" fixiert. Der Rangiermeister (oder Bergmeister) hat seinen Stammplatz auf dem Gipfel des Abdrückberges (rot). Von dort gibt er dem Rangierlokführer die Aufträge zum Abdrücken, Warten, Zurückziehen. Je nach Größe der Anlage geschieht dies mittels Mundpfeife oder dem Rangiersignal Ra 6 bis Ra9, letzteres meist "überdimensional" und weithin sichtbar neben der Rangiererbude auf dem Rücken installiert. Jeder Waggon, der über den Hügel gedrückt wird, folgt nunmehr den Gesetzen der Schwerkraft und rollt in die Gleisharfe. Gleichzeitig legen die Stellwerker die Weichen, so dass am Ende alle Wagen, je nach Bestimmungsbahhof, in der Richtungsgruppe (blau) "sortiert" sind.

Ist ein Zug zusammengestellt ("kuppelreif"), so werden die Wagen ggf. noch mit einer Rangierlok aufgedrückt (auch beigedrückt), was das händische Kuppeln erleichtert. Die Bremsen werden danach wieder in "Betriebsstellung" gebracht.

In modernen Zeiten hat sich das Bild freilich etwas gewandelt, was der Vollständigkeit halber erwähnt werden soll, die Nachbildung im Modell aber eher weniger spektakulär macht. So werden kuppelreife Züge auf großen Rangieranlagen nicht unbedingt mit einer Lokomotive aufgedrückt. Dies erledigt eine automatische Beidrückanlage, die im Gleis installiert ist. Der Abdrückbetrieb kann dadurch ununterbrochen weitergehen.

Die Rangiererbude nebst Signal auf dem Rücken ist heute entbehrlich geworden. Mit Funkfernsteuerung ausgerüstete Loks benötigen nur noch einen Mann auf dem Abdrückberg, der gleichzeitig der Triebfahrzeugführer ist. Auch fahren keine "Bremser" mehr auf den abgestoßenen Wagen mit, die per Handbremskurbel die Wagen punktgenau zum Stehen bringen. Siehe ⇒ "Laufeigenschaften", weiter unten.

Modellnachbildung

Ein solcher Rangierbahnhof mit Ablaufberg verspricht dem Modellbahner eine Menge Spielspaß. Der Durchschnittsbürger wird jedoch bei der Planung schnell feststellen, dass eine solche Anlage einen kolossalen Platzbedarf hat, zumal die optimale Anordnung in gestreckter, länglicher Form wäre. In der Skizze nicht eingezeichnet, wäre zudem noch die Weichenstraße am Ausfahr-Ende der Richtungsgruppe einzuplanen. Diese muss man sich weiter rechts denken. (Die Variante, dass der Richtungsgruppe nochmals eine Gleisharfe als "Nachordnungsgruppe" folgen könnte, ziehen wir hier erst mal gar nicht in Betracht.) Auch das Ausziehgleis ist nur verkürzt wiedergegeben. So wird man zu der Erkenntnis kommen, dass die Nachbildung des "Eselsrückens", zumindest bei privaten Anlagen, den kleinen Nenngrößen vorbehalten bleiben muss.

Widrigkeiten

Daneben birgt eine solche Rangieranlage noch andere Tücken, die auf den ersten Blick nicht offenbar sind.

Laufeigenschaften

Je nach Alter, Abnutzung und Achslager-Schmierung werden sich die verwendeten Waggons teils als "Renner", teils als "Schlafmützen" erweisen. (amtliche Bezeichnungen: Gutläufer und Schlechtläufer) Der eine oder andere mag gar in der Weichenstraße steckenbleiben. Diesem Problem begegnet man im Großbetrieb mit Gleisbremsen, die zu schnelle Wagen abbremsen, aber teils auch imstande sind, den langsameren Kameraden noch ein bisschen Schwung und Tempo mitzugeben. Ein klein wenig zur Beschleunigung beitragen kann es, den langsamen Modellen noch etwas mehr Eigengewicht (Ballast) zu verleihen.

Ende des Rollweges

Irgendwie müssen die Wagen schließlich zum Stehen kommen. Es darf auch nicht sein, dass nachkommende Wagen den bereits wartenden immer noch einen Schubs geben und sie womöglich in die Ausfahrt-Weichengruppe treiben. Denkbar sind natürlich Prellböcke am Ende der Richtungsgruppe. Dies würde nur noch eine zusätzliche Weiche zwischen Abdrückberg und Richtungsgruppe erfordern, über die die neu gebildeten Züge "auf Strecke" gehen. Eine "Harfe" an der rechten Seite könnte entfallen. Eine alternative, technisch anspruchsvolle, Lösung wären klappbare Prellböcke. Diese bestehen aus massiven Bügeln, die mit je einem Puffer versehen und paarweise neben den Enden der Richtungsgleise eingebaut sind. In "Durchfahrtstellung" stehen die Bügel senkrecht, während des Rangierbetriebes, in "Sperrstellung", sind sie über das Gleis geschwenkt und bilden so den Prellbock.

Bedienung des Stellwerks

Das rechtzeitige Legen der Weichen, während die Waggons in rascher Folge den Ablaufberg hinunter kommen, verlangt vom diensttuenden Stellwerker vermutlich die Fingerfertigkeit eines Konzertpianisten. Natürlich ist auch darauf zu achten, dass keine Weiche "unter dem Wagen" gelegt wird, was eine Entgleisung zur Folge hätte. Empfohlen sei hier auf jeden Fall ein Gleisbild-Stellwerk, das die Bedienung der Weichen intuitiver gestaltet als es eine Ansammlung abstrakter Druckknöpfe könnte. Der Freizeit-Stellwerker wird natürlich den Takt des Abdrückens höchstselbst bestimmen. Wir wollen ja nicht, dass das Spiel in Stress ausartet.

Literatur

Baubericht über Gleisbremsen und klappbare Prellböcke für die Modelleisenbahn:
Märklin-Bibliothek, Band "Richtig Rangieren"; Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Augsburg 2006; S. 70 ƒƒ; ISBN 4026411131344