Gleiswendel

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Eine Gleiswendel ist eine beliebte Methode, größere Steigungen bzw. Höhenunterschiede auf der Modellbahnanlage ohne langgestreckte Rampen zu überwinden. Dazu wird die meist ein- oder zweispurige Strecke in einer Schraubenlinie geführt, die vorzugsweise im Untergrund oder überbaut mit Gebirgen versteckt wird.

Einige Erbauer stellen ihre Gleiswendel auch zur Schau, so etwa z. B. bei der Schwarzwald-Modellbahn in Hausach, die seit Januar 2019 leider geschlossen ist. Dort ließen zwei Wendeln hinter Glas die Züge bis auf ein Niveau oberhalb der Eingangstür steigen, mit einem Außendurchmesser von 180 cm und mit einer Gesamthöhe von 210 cm.

Hinweis: Alle im Artikel angegebenen Maße beziehen sich auf die Spurweite H0.

Inhaltsverzeichnis

Bauweise

Prinzipiell muss das Trassenbrett in Form eines Kreisringes ausgesägt und in der gewünschten Höhe jeweils fixiert montiert werden. Ist mehr als eine Wendelung vorgesehen, ist bei der benötigten Durchfahrtshöhe zu berücksichtigen, dass die Verbindung zweier Trassenbretter ebenfalls Raum beansprucht. Eine praktikable Methode ist der Aufbau mit Gewindestangen.

Die Kreisform ist natürlich nicht zwingend, auch ovale Konstruktionen sind denkbar, im Hinblick auf möglichst flache Steigungen sogar wünschenswert, wenn der Platz es erlaubt. Zu bedenken ist bei der Planung noch der zusätzliche Platzbedarf für die Ausrundungen am Anfang/Ende der Steigung, um pannensicher die Wendel befahren zu können.

Gewindestangen-Methode

Im Mittelpunkt der Wendel wird eine Gewindestange (M8 ist empfehlenswert) vertikal montiert. An der Peripherie des Wendel-Kreises stehen ebenfalls Gewindestangen. Bei größeren Radien stehen Stangen paarweise innen und außen am Rande des Trassenbrettes.

Passend gelochte Querträger, z. B. Holzleisten oder Winkelprofile, verbinden nun immer die Zentrums-Stange mit einer Peripheriestange und bilden so die Auflage für das Trassenbrett. Jeder Querträger ruht an beiden Enden auf einer Mutter, die auf der Gewindestange auf- und abwärts gedreht werden kann. Diese Technik bietet eine präzise Fein-Einstell-Möglichkeit für eine sehr gleichmäßige Steigung in der Wendel.

Industriell gefertigte Systeme weisen z. B. auch eine Art Klammer-Paar auf, das an den tragenden Stangen verstellbar montiert wird und das Trassenbrett hält. Der Vorteil der Klammer-Technik liegt klar in der gewonnenen lichten Höhe innerhalb der Wendel, da der Querträger entfällt.

Fehler in der Wendel

Aus geometrischen Gründen bergen Gleiswendel beim Verlegen der Modellbahnschienen verschiedene Fehler in sich:

Kreis ist zu kurz

Betrachten wir zunächst einen einfachen Kreis mit Radius r = 360 mm, was dem Normalradius vieler H0-Gleissysteme entspricht. Daraus ergibt sich eine Streckenlänge von 2πr = 2.261,9 mm.

Werte in der Skizze gerundet

Soll diese Strecke zur Einhaltung des Lichtraumprofils auf angenommene 120 mm über dem 0-Niveau steigen, ergibt sich als Entfernung über Grund s = 2.258,8 mm, somit fehlen ganze 3,18 mm oder 0,5° zum Vollkreis, wodurch es zu Problemen mit der Gleisgeometrie kommen kann.

Die gängigen Gleisplanprogramme und erst recht die handgefertigte Zeichnung gehen über diesen Fehler hinweg und projizieren das Bild, als wenn das Gleis in einer Ebene läge.

Mit jeder weiteren Etage wird der Fehler um nochmals 3,18 mm bzw. 0,5° größer, sodass man ein Ausgleichsstück einplanen sollte. Ohne Ausgleichsstück wird sich das Gleis verwinden, wenn man es "passend zieht". Der Radius wird dadurch nochmals enger.

Mit zunehmendem Radius wird der Winkel-Fehler bei fester Höhendifferenz kleiner, da das Verhältnis von Strecke zu Höhe ebenfalls kleiner wird:

  • Märklin C-Gleis Radius 2 (437,5 mm): 2,6 mm bzw. 0,34° pro Runde,
  • Märklin C-Gleis Radius 3 (515,0 mm): 2,2 mm bzw. 0,25° pro Runde,
  • Märklin C-Gleis Radius 4 (579,3 mm): 2,0 mm bzw. 0,2° pro Runde,
  • Märklin C-Gleis Radius 5 (643,6 mm): 1,8 mm bzw. 0,16° pro Runde,
  • Märklin C-Gleis Radius 9 (1114,6 mm): 1,0 mm bzw. 0,05° pro Runde.

Diese Betrachtung setzt voraus, dass die Gleise in exakt der Position zu liegen kommen sollen, die eine senkrechte Projektion des Gleisplanes auf der 0-Ebene vorgäbe. Tatsächlich ist jedoch zu erwarten, dass sich der vorgezeichnete Radius verkleinert, siehe dazu #Trasse verwindet sich.

Schienen sind unterschiedlich lang

Die Enden der beiden Schienen eines Gleises, die unten noch nebeneinander anfingen, sind am oberen Ende der Wendel nicht mehr nebeneinander.

Der oben aufgezeigter Fehler bezog sich auf den mittleren Radius jeden Gleisbogens. Führt man obige Berechnungen auch für die beiden Schienen einen Gleises durch, also mit einem um 8,25 mm verringerten Radius für das Innengleis und einem um 8,25 mm vergrößerten Radius für das Außengleis, dann ergibt sich:

  • Märklin C-Gleis Radius 1 innen (351,75 mm): 3,26 mm bzw. 0,53°
  • Märklin C-Gleis Radius 1 außen (368,25 mm): 3,11 mm bzw. 0,48°

Die innere Schiene ist somit 0,15 mm bzw. 0,05° länger als die äußere Schiene. Die ist bei nur einer Wendel gerade noch zu tolerieren, führt aber bisweilen schon einmal zu hörbarem "Rattern".

Auch dieser Fehler wird mit größerem Radius kleiner, bei R9 beträgt er noch 0,015 mm bzw. 0,002°, ist also im Bereich des Vernachlässigbaren und noch unterhalb der Fertigungstoleranzen der Hersteller.

Trasse verwindet sich

Betrachtet man das Trassenbrett in Form eines Kreisringes, so ergibt sich in diesem eine innere Spannung, wenn es aus seiner ursprünglich zweidimensionalen Lage in die dreidimensionale Schraubenform gebogen wird. Diese Spannung ist bei der Verbindung mehrerer Trassenbretter unbedingt zu berücksichtigen und nicht zu unterschätzen!

Ein weiterer mechanischer Effekt: Biegt man einen offenen Drahtring in eine Schraubenlinie und zieht dabei die Enden auseinander, dann verringert sich automatisch der Radius. Im Extremfall bei senkrechter Streckung wäre der Kreisradius null. Die Gleismitten-Markierung auf einem flach liegenden Trassenbrett ist daher nach der Verzerrung nicht mehr exakt.

Wird die Trasse nicht aus einem absolut homogenen Material hergestellt, ergeben sich innerhalb des Materials bereits Verformungen, die eine exakt gleichmäßige Steigung der Wendel womöglich unmöglich macht. Das aufmontierte Gleis folgt diesen Verformungen im Extremfall bis zur Unbefahrbarkeit.

Zusammenfassung

Die beschriebenen Fehler treten in jeder Gleiswendel und bei jedem Gleissystem zwangsläufig auf. Die Verwendung von Flexgleis kann die ersten beiden Fehler kompensieren. Jedoch birgt das Flexgleis seine eigenen Widerspenstigkeiten, die ein absolut exaktes Verlegen erschweren.

Dringender Hinweis: Beim Errichten einer Gleiswendel sind ausgiebige Probefahrten mit allen denkbaren Fahrzeug-Kombinationen unvermeidlich, siehe Schienenverlegung testen (Tipp)!

Weblinks