Märklin Digital

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Märklin Digital ist der Name eines System zur digitalen Modellbahnsteuerung, das die Firma Märklin 1984 auf den Markt gebracht hat. Es handelte sich dabei um das erste allgemein verfügbare digitale Modellbahnsystem.

Inhaltsverzeichnis

Prinzipielle Funktion

Klassische Modellbahnsteuerungen verwenden zwei Leiter im Modellbahngleis, zwischen denen eine Spannung angelegt wird. Die Leiter sind direkt mit dem Motor in der Modelllokomotive verbunden, der sich mit einer zur Spannung proportionalen Geschwindigkeit dreht und die Lokomotive bewegt.

Eine digitale Modellbahn benutzt die zwei Leiter im Modellbahngleis hingegen als eine Art kombinierten Energie-Daten-Bus, der eine gleichbleibende Spannung als Energieversorgung zur Verfügung stellt, in die zusätzlich Steuerungsbefehle eingeflochten werden. Diese Befehle werden von einfachen und sehr kleinen Mikrocontrollern, den sogenannten Decodern ausgewertet, die direkt in den Lokomotiven sitzen. Zusätzliche fest installierte Decoder ermöglichen zudem die Ansteuerung von ortsfesten Geräten wie Weichen und Signalen.

Märklin Digital verwendet zur Ansteuerung des Busses integrierte Schaltkreise von Motorola, weswegen man auch vom Motorola-Format oder vom Märklin-Motorola Digitalsystem spricht. Dies ist ein grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal zu alternativen digitalen Modellbahnsteuerungen, bei denen sich das Digital Command Control-Datenformat auf breiter Front durchgesetzt hat. Im klassischen Märklin Digitalsystem ist der Datenbus zudem unidirektional, d.h. die Lokomotiven und anderen Geräte können nur Befehle von der Zentrale entgegennehmen, selbst aber keine Informationen senden. Für diesen Weg nutzt das System einen zweiten, völlig unabhängigen Rückmeldebus.

Zur Energieversorgung wird in den Märklin Digital-Bus eine Rechteckspannung eingespeist, die zwischen +22V und -22V oszilliert. Dies ist am klassischen Märklinsystem orientiert, das mit einer Wechselspannung von bis zu 16V im Gleis zur Ansteuerung des Motors arbeitet. Aus diesem Grund können auch "klassische", nicht mit einem Digitaldekoder ausgerüstete Lokomotiven auf einer Märklin Digital-Modellbahnanlage eingesetzt werden - allerdings mit Einschränkungen: Sie bewegen sich immer mit voller Geschwindigkeit und können die Fahrtrichtung nicht ändern.

Die digitalen Informationen werden auf dem Bus dadurch übertragen, dass die Zeitspanne für positive und negative Spannung zwischen den Leitern nicht exakt gleich lang sind. Je nachdem, ob der Übergang zwischen positiver und negativer Spannung zeitlich etwas früher oder später als für eine gleichmäßige Frequenz nötig erfolgt, wird eine digitale 0 oder 1 übertragen. Über die Protokollschichten des Motorola-Formats entsteht so ein digital übermittelter Befehl.

Systemkomponenten

Zentrale Steuerung

Herzstück des Märklin Digitalsystem ist die Central Unit, die den Datenbus antreibt und Befehle versendet. In ihrer ursprünglichen Bauform hat sie keinerlei Bedienelemente und musste mindestens um eine Control Unit und einen Transformator ergänzt werden. Die Control Unit dient dabei zur Eingabe der Steuerbefehle für die Lokomotiven. Im Laufe der Zeit sind verschiedene Kombinationen aus diesen drei Komponenten auf den Markt gekommen.

An der Control Unit wird die zu steuernde Lokomotive über eine Zehner-Zifferntastatur ausgewählt und dann mittels eines Drehrades die Geschwindigkeit geändert oder über zusätzliche Funktionstasten eine Spezialfunktion wie Licht, ein Geräuschmodul oder ein Dampferzeuger ein- und ausgeschaltet. Frühe Versionen des Märklin Digitalsystems erlaubten dabei nur eine solche Sonderfunktion, später wurde das auf bis zu vier Funktionen ergänzt. Grundsätzlich ist es immer möglich, mehrere Control Units zu verwenden, um mehrere Lokomotiven gleichzeitig zu steuern.

Weiterhin können an die Central Unit sogenannte Keyboard-Einheiten angeschlossen werden, bei denen jede bis zu 16 ortsfeste Befehlsempfänger wie Weichen und Signale schalten kann. Anders als bei den Control Units ist hierbei jedem Tastenpaar ein Empfänger fest zugeordnet. Um mehr als 16 Empfänger zu schalten, können auch mehrere Keyboards in das System integriert werden.

Ergänzt werden die zentralen Komponenten um eine Art intelligentes Keyboard namens Memory, das die Abspeicherung von Fahrstraßen ermöglicht und ein Interface-Modul, das eine Verbindung zur seriellen Schnittstelle eines Computers herstellt.

All diese Komponenten sind durch einen gemeinsamen Datenbus miteinander verbunden. Die Central Unit setzt die von den verschiedenen Eingabegeräten kommenden Befehle um und schickt sie über die Gleise bzw. parallel dazu verlegte Versorgungsleitungen zu den Befehlsempfängern. Gegebenenfalls muss die Gesamtanlage dazu in mehrere Stromkreise zerlegt werden, um die Gesamtleistungsaufnahme pro Stromkreis nicht zu groß werden zu lassen. Jeder Stromkreis wird dabei über einen Booster genannten Verstärker an die Central Unit angeschlossen.

Das klassische Märklin Digitalsystem erlaubt die Ansteuerung von 80 Lokomotiven und 256 ortsfesten Empfängern über denselben Datenbus. In den 1990er Jahren wurde das System um die sogenannten Delta-Komponenten ergänzt. Diese verwenden dieselben Befehlsformate, verzichten aber auf die Ansteuerung ortsfester Empfänger und können nur maximal fünf Lokomotiven adressieren.

Empfänger und Sender

In die Lokomotiven sind sogenannte Decoder eingebaut, die die interne Ansteuerung von Motoren und Sonderfunktionen übernehmen. Die notwendige starke Miniaturisierung auf Grund des knappen Platzes war der entscheidende Entwicklungsschritt hin zur digitalen Modellbahn. Insbesondere dem Märklin-System kam dabei zu Gute, dass schon die klassischen Märklin-Lokomotiven neben dem Motor immer noch einen zweiten Baustein in der Lokomotive benötigten, nämlich das Umschaltrelais zur Fahrtrichtungsänderung. Dessen Platz nimmt der Digitaldecoder ein. Die erste Generation digitaler Märklin-Lokomotiven wurde bei vielen Modellen durch diese eine Änderung aus ihrem nicht-digitalen Pendant hergeleitet.

In der Geschichte des Märklin Digitalsystems hat es verschiedene Decoderbauarten gegeben, die unterschiedliche Motortypen oder verschiedene Zusatzfunktionen ansprechen konnten. Da mit dem Digitaldekoder der Lokomotivmotor von der Versorgungsspannung entkoppelt ist, konnten auch ganz neue Motortypen eingesetzt werden.

Der Digitaldekoder ist so konzipiert, dass eine damit ausgerüstete Lokomotive auch auf klassisch angesteuerten Anlagen eingesetzt werden kann. Das gilt auch für die vereinfachte Variante, den Dekoder des Delta-Systems. Die übergroße Mehrzahl der Märklin-Lokomotiven wird deshalb heute grundsätzlich mit einem Digitaldekoder ausgeliefert. Fast alle älteren Modelle lassen sich mit Bausätzen auf die Steuerung mit Digitalbefehlen umrüsten.

Zur Ansteuerung von Weichen und Signalen gibt es spezielle Dekoderbausteine, die ebenfalls an das Gleis bzw. dessen Datenbus angeschlossen werden und bis zu vier Weichen und Signale steuern können. Ein anderer Dekodertyp ist für Dauerverbraucher wie Lampen o.ä. zuständig, die man so ein- und ausgeschaltet kann.

Die Rückmeldungen von Gleiskontakten oder anderen Sensoren werden in einem weiteren Dekodertyp gesammelt, der bis zu 16 Eingangssignale verarbeiten kann. Dieser wird nicht an den Gleis-Datenbus angeschlossen, sondern direkt an den Datenbus zwischen den Zentralgeräten. Bis zu 16 dieser Dekoder können hintereinander geschaltet werden.

Im Laufe der Zeit sind verschiedene Sonderbauformen auf den Markt gekommen. Neben Spezialbausteinen zur digitalen Ansteuerung des Märklin-Modellkrans oder der Drehscheibe sind das insbesondere spezielle Weichendekoder, die direkt in die Weiche eingebaut werden und so, da sie ihre Steuerinformation ja direkt aus dem Gleis bekommen, keinerlei zusätzliche Verkabelung mehr benötigen.

Geschichtliche Einordnung

Allgemein wird Märklin Digital als ein sehr bedeutender Einschnitt in der Modellbahntechnik gewertet. Erstmals ist es mit dem System möglich, mehr als eine Lokomotive pro Stromkreis unabhängig zu steuern. Dies ist aber auch die einzige "echte" Innovation des Systems. Steuerbusse für ortsfeste Geräte oder Rückmeldebusse gibt es zu der Zeit schon länger auf dem Markt, sogar mit der Möglichkeit der Computeranbindung. Auch die elektronische Motorsteuerung ist nichts grundsätzlich Neues, Fremdanbieter haben entsprechende Umrüstsätze insbesondere für Märklin-Lokomotiven schon seit Anfang der 1980er Jahre im Programm. Märklin selbst hat mit dem Steuergerät "6600" ein System im Angebot, das mittels Elektronik eine komfortable Ansteuerung von Lokomotiven ermöglicht und quasi eine Art "Dekoder außerhalb der Lok" darstellt. Zudem kommen auch einige Lokomotiven von Märklin selbst ab den späten 1970er Jahren mit elektronischer Motorsteuerung auf den Markt.

Das ursprüngliche Märklin Digitalsystem hat zudem einige nennenswerte Beschränkungen, die andere, nur wenig später auf den Markt gekommene Steuersysteme nicht aufweisen. Neben der recht kleinen Zahl von nur 80 unabhängig addressierbaren Lokomotiven ist dies vor allem die sehr geringe Anzahl von nur 14 Fahrstufen, die an die Lokomotiven gesendet werden können. Zudem lehnt sich das System bei der Übermittlung der Richtungsinformation an das klassische Märklinsystem an. Dort wurde durch einen hohen Spannungspuls das Fahrtrichtungsrelais in der Lokomotive angesprochen und die Fahrtrichtung geändert, im Digitalsystem übernimmt diese Aufgabe ein spezieller Befehl ("Fahrtstufe 15"). Als Folge ist es nicht ohne Weiteres möglich, die Fahrtrichtung der Lokomotive eindeutig absolut vorzugeben, was insbesondere bei Computersteuerungen problematisch ist.

Schließlich bot Märklin Digital von sich aus zu Beginn keinerlei fortschrittliche Simulationsfunktionen wie zum Beispiel digital simulierte Anfahr- oder Bremsverzögerung. Solange die Steuerung nicht über Computer erfolgte, wurden Bewegungen des Geschwindigkeitsgebers direkt auf die Lokgeschwindigkeit umgesetzt - wie bei der klassischen, spannungsbasierten Steuerung. Hier ging sogar das erwähnte Steuergerät 6600 weiter, das eine zuschaltbare Verzögerung besaß.

Märklin hat die Einschränkungen des Systems in den folgenden Jahren und Jahrzehnten schrittweise entschärft oder aufgehoben, wobei bemerkenswerterweise eine weitgehende Kompatibilität zwischen alten und neueren Systemkomponenten gewahrt bleibt. Ende 2004 hat Märklin eine komplett neue Generation von Steuergeräten unter dem neuen Namen Märklin Systems (kurz "mfx") auf den Markt gebracht, das diese Fortentwicklungen zusammenfasst und weitere Neuerungen bietet.

Schon zu vordigitalen Zeiten waren Märklin-Modellbahnen auf Grund des Mittelleiters in den Schienen und des verwendeten Wechselstroms zur Lokansteuerung technisch inkompatibel zu quasi allen anderen Modellbahnsystemen. Auch das Digitalsystem war dahingehend einzigartig, dass kein anderer Hersteller von Haus aus mit den Motorola-Controllern arbeitete. Alternative Digitalzentralen von Drittherstellern können jedoch seit Ende der 1990er Jahre sowohl im Motorola- als auch im verbreiteten DCC-Format senden, sogar gleichzeitig im selben Steuerkreis.


Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Märklin Digital aus der freien Enzyklopädie Wikipedia, teilweise können Textpassagen übernommen worden sein. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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